Die Reformation war kein sehr schneller Vorgang in Finnland. Änderungen im Leben der Kirche wurden schrittweise durchgeführt. Manche Änderungen wurden erst Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte nach Beginn der Reformation abgeschlossen. Besonders die geistige Einstellung änderte sich vermutlich nur sehr langsam.
Die finnischen Laien hörten vermutlich nicht in Finnland zum ersten Mal von der Reformation, sondern in den Hansestädten Tallinn oder Gdansk, die sie regelmäßig besuchten. Sie hatten auch zu anderen Städten an den Küsten der Ostsee enge Kontakte. Sowohl Gdansk als auch Tallinn wurden bereits in den frühen 1520er Jahren reformiert und es ist durchaus wahrscheinlich, dass Finnen die reformatorischen Aufstände in diesen Städten miterlebten und vielleicht sogar daran teilnahmen.
Das finnische Volk hatte somit zumindest bereits von den Ereignissen der Reformation gehört, als diese im Jahr 1527 offiziell im Schwedischen Reich begann. Trotzdem änderte die Reformation die finnische Kultur und Gesellschaft nicht sehr schnell. Die erste sichtbare Veränderung geschah, als die Krone den Großteil der Wertgegenstände wie Reliquiare, Metallkreuze und andere Gegenstände aus wertvollen Metallen von der Kirche einholte. Dies reduzierte die Pracht der Kirchen und beeinflusste so vermutlich auch das geistige Bild von der Kirche.
Die Krone übertrug auch zwei Drittel des Einkommens der Kirche auf sich selbst. Dies beeinträchtigte die Möglichkeiten der Gemeinden, neue Kirchengebäude zu bauen oder auch nur die existierenden instand zu setzen. Während des gesamten 16. Jahrhunderts wurden so gut wie keine neuen Kirchen gebaut. Der Dom von Turku geriet in einen sehr schlechten Zustand, derart, dass sich der neu ernannte Bischof von Turku, Isaacus Rothovius, im Jahr 1627 darüber beklagte, dass sogar das Dach der Kirche vollständig kaputt sei und es im Winter in die Kirche schneie.
Die Liturgie wurde den Prinzipien der Reformation folgend geändert. Die Landessprache wurde für die gesamte Messe verwendet. Rituale, die als katholisch betrachtet wurden, und Gebete, die an Heilige oder an die
Jungfrau Maria gerichtet waren, wurden schrittweise aufgegeben. Weihwasser, Salböl und geweihtes Salz wurden nicht mehr verwendet. Die Seitenaltäre sollten nicht mehr verwendet werden, aber der Wandel ging auch in dieser Hinsicht nur sehr langsam vonstatten, da Bischof Rothovius im 17. Jahrhundert Maßnahmen treffen musste, um den Gebrauch der Seitenaltäre in seiner Kathedrale abzuschaffen.
Insgesamt schien das erste Jahrhundert nach der Reformation eher eine Zeit eines langsamen Rückgangs gewesen zu sein. Erst nach 1627 begann die Reformation neue Strukturen für die Kirche zu erschaffen. Die Kirche als ein öffentlicher Raum sollte nun die lutherisch-orthodoxe Glaubenslehre und die soziale Hierarchie manifestieren. Es wurden neue Bänke für die Kirchen gebaut, streng in einer hierarchischen Ordnung organisiert. Jede Person hatte ihren eigenen Platz, ihrer sozialen Stellung entsprechend. Auch neue Kanzeln wurden gebaut, um die zentrale Rolle der Predigt in der lutherischen Liturgie zu betonen.
Ikonoklasmus in Finnland
Es gibt keine schriftlichen Beweise für Ikonoklasmus in Finnland und eine
vergleichsweise hohe Zahl an mittelalterlichen Statuen von Heiligen sind in Finnland erhalten geblieben. Dennoch wurden die Statuen nicht in Ruhe gelassen. Stattdessen wurden sie vermutlich aus den Schreinen, in denen sie standen, herausgenommen und somit wurde ihre heilige Ausstrahlung vermindert. Die Statuen wurden auch ihres Schmuckes oder ihrer Kronen aus wertvollen Metallen beraubt, als der König die Wertgegenstände der Kirche in Besitz nahm.
Es gibt auch ein paar Anzeichen für einen möglichen Ikonoklasmus, da die Nasen vieler Statuen abgebrochen sind, als ob sie abgeschnitten wurden. Auf jeden Fall wurden die Statuen in den Jahrhunderten nach der Reformation umgewandelt, wiederverwendet oder dem Verfall überlassen. Was gemalte Fresken betrifft, so wurden diese im 16. Jahrhundert größtenteils intakt gelassen, aber in manchen Kirchen wurden sie viel später, im 18. und 19. Jahrhundert, überdeckt.
Die Reliquien des Doms von Turku
Nach der Reformation verloren die Reliquien von Heiligen ihre Bedeutung als heilige
Gegenstände und wurden nicht mehr verehrt. Es gab jedoch keine klaren Anweisungen, was nach der Reformation mit diesen Reliquien geschehen sollte. Im Dom von Turku wurden einige der Reliquien im Hinterzimmer der Sakristei aufbewahrt, geschützt vor den zahlreichen Feuern, die die Kathedrale verwüsteten. Zu den Reliquien zählen das Fragment eines Knochens, das dem heiligen Pankratius zugeschrieben wird, Steine aus Getsemani und ein Totenschädel und zwei Knochen eines Unterarms, möglicherweise eine Reliquie des heiligen Heinrichs, des Schutzpatrons von Finnland. Es scheint also, dass die Reliquien auch noch nach der Reformation für wichtig gehalten wurden, obwohl sie nicht mehr verehrt wurden.
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